Die Kontroverse um die Alleestraße gibt uns auf, erklärende Worte auf den Weg zu bringen.
Der Mobilitätswandel ist auch in Halle (Westf.) voll im Gange. Das System innerörtlicher Geschwindigkeitsbegrenzungen ist nicht den immer komplexer werdenden Verkehrssituationen angepasst worden. Die Regelgeschwindigkeit von 50km/h wird dem Schutz der schwächeren Verkehrsteilnehmer*innen nicht mehr gerecht. Hinzu kommt, dass vor langer Zeit entstandene Radwege nicht mehr für das gestiegene Radverkehrsaufkommen geeignet sind. Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmern, wie Fußgänger*innen und Pkw-Fahrer*innen treten dadurch zwangsläufig häufiger auf.
Aus unserer Sicht ist dies eindeutig im Verlauf der Alleestraße und der unteren Bahnhof-straße der Fall. In diesem Kontext blicken wir auch auf die immer beliebter werdenden Pedelecs (sog. E-Bikes); es ist bekannt, dass die Zahl verunglückter Pedelec-Fahrer*innen allein in NRW von Jahr zu Jahr deutlich ansteigt. Wir meinen, dass die Alleestraße – insbesondere die Geh- und Radwegsituation – Verkehrsteilnehmer*innen, die mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs sind, nicht mehr den geeigneten Schutz bietet. Nach unserer Einschätzung bedarf es dringend einer klaren Trennung zwischen Fuß- und Radverkehr.
Seitens der „Bürgerinitiative Alleestraße“ wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass die Alleestraße kein “Unfallschwerpunkt” sei.
Ein Unfall ist ein unbeabsichtigtes Ereignis, durch das ein Schaden eintritt und bei dem auch Menschen getötet oder verletzt werden können. Unübersichtliche und dem Stand der Zeit nicht angepasste Straßen begünstigen den Eintritt solcher Schadensereignisse. Um Straßenbereiche als Unfallhäufungsstellen zu identifizieren, bedarf es einer bestimmten Anzahl von Sachschadensunfällen, Unfällen mit Schwerverletzten und/oder tödlicher Unfälle. Nur wenn ein Straßenabschnitt exakt diese Zahlen und Geschehenskriterien erfüllt, kann dieser zur Unfallhäufungsstelle erklärt werden.
Zurzeit sind keine Abschnitte der Alleestraße als „Unfallschwerpunkt“ bekannt. Aber muss es erst dazu kommen? Wir möchten, dass dies auch so bleibt, und empfinden die Bewertung der Bürgerinitiative gerade im Hinblick auf die körperlichen und psychischen Folgen von Unfällen, sowohl auf Seiten der Unfallverursacher, als auch auf Seiten der Unfallopfer schon fast als zynisch. Daher können wir einer Ablehnung der verkehrssicheren Gestaltung der Alleestraße, weil es keine Unfallhäufungsstelle ist, nicht folgen.
Grundsätzlich verständlich und nachvollziehbar ist das Unverständnis der Anlieger zu den anfallenden Straßenausbaubeiträgen gemäß den gültigen gesetzlichen Vorschriften (§ 8 KAG NRW).
Auch wir lehnen diese aus unserer Sicht unsinnigen und unsozialen Abgaben entschieden ab. Leider haben CDU und FDP im NRW-Landtag an der Beibehaltung der Straßenausbau-beiträge festgehalten, anstatt der von der SPD beantragten Abschaffung zu folgen.
Zur Information – derzeit bemessen sich die Straßenausbaubeiträge an der vielbefahrenen Alleestraße wie folgt:
Fahrbahn und Radwege: Anlieger zahlen 10 Prozent; die Kommune 60 Prozent; Maßnahmen für den ruhenden Verkehr: Anlieger zahlen 40 Prozent; die Kommune 20 Prozent. (Quelle. Kommunal.de/anliegerkosten-nrw).
Die Umsetzung möglicher innovativer Verkehrskonzepte zur verkehrssicheren Umgestaltung dürfen hierdurch aber nicht gehemmt und ggfs. sogar vereitelt werden.
Die Alleestraße ist eine Hauptverkehrsader in Halle (Westf.). Wir möchten, dass die Planungen zur sicheren Umgestaltung weitergehen. Dies bedeutet nicht, dass in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten die Bagger anrollen. Aber die Planungen dürfen nicht erst im Jahr 2028 wieder aufgenommen werden.
Es ist an der Zeit, die Alleestraße für alle Haller Bürger*innen sicher und im Sinne der Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer*innen zu gestalten. Eine Gleichberechtigung, die in naher Zukunft auch gesetzlich geregelt sein wird (s. Beratungen zum Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz NRW).